Willkommen bei der Estes Gruppe

Labor für Molekulare Heterogene Katalyse an der Universität Stuttgart

Forschung in der Estes-Gruppe

Die heterogene Katalyse wird seit über einem Jahrhundert eingesetzt und findet heute in zahlreichen Prozessen der chemischen Industrie Verwendung. Trotz ihrer großen Bedeutung sind die molekularen Prozesse und Strukturen an den Katalysatoroberflächen noch immer größtenteils unbekannt. Dies liegt hauptsächlich daran, dass es 1) schwierig ist, heterogene katalytische Systeme (beispielsweise spektroskopisch oder mikroskopisch) zu untersuchen und 2) an der außerordentlichen Komplexität der an der Oberflächenchemie beteiligten Vorgänge. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die heterogene Katalyse trotz aktueller Fortschritte immer noch in erster Linie eine empirisch Wissenschaft ist.

Die homogene Katalyse verwendet hingegen genau definierte Strukturen, um Reaktionen mit hoher Selektivität zu katalysieren. Das Verständnis der Beziehung zwischen Struktur und Aktivität in homogenen Katalysatoren erlaubt es Forschern, Katalysatoren für spezielle Anwendungen zu entwickeln, nicht empirisch, sondern ausgehend von rationalen Prinzipien. Um bessere heterogene Katalysatoren entwickeln zu können, ist es notwendig, für diese
ebenfalls die Beziehungen zwischen Struktur und Aktivität zu verstehen.

In der Estes-Gruppe an der Universität Stuttgart führen wir homogene und heterogene Katalyse zusammen, indem wir wohldefinierte aktive Zentren auf Metalloxidoberflächen synthetisieren. Eingesetzt werden hierfür die Techniken der Surface Organometallic Chemistry, (SOMC) und der molekularen, heterogenen Katalyse. Die auf diese Weise synthetisierten Spezies sind einheitlich und können mit den Werkzeugen der homogenen Katalyse (IR, NMR, Röntgenspektroskopie) charakterisiert werden. Ihre Einheitlichkeit erlaubt es uns, Struktur-Aktivitäts-Zusammenhänge für umweltfreundliche, katalytische Reaktionen aufzuklären.

Die Bedeutung des Wasserstoff-Spillover in Kupferkatalysatoren für die Hydrierung von CO 2 zu Methanol.

Das Verbrennen fossiler Rohstoffe verursacht hohe CO2-Emissionen mit schwerwiegenden Folgen für die Umwelt. Hierdurch kommt es zur Störung des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs, bei dem normalerweise genauso viel Kohlendioxid ausgestoßen wie verbraucht wird. Eine elegante Lösung dieses Problems ist die Herstellung von Treibstoffen (Methanol) direkt aus CO2 und erneuerbaren Energien analog zur natürlichen Kohlenstofffixierung durch die Fotosynthese. Wenn das verwendete CO2 aus erneuerbaren Quellen wie Biomasse oder direkt aus der Atmosphäre stammt, sind die so gewonnenen Treibstoffe fast CO2-neutral.

Die selektive Hydrierung von CO2 zu Methanol könnte eine Lösung für dieses Problem liefern, wenn der verwendete Wasserstoff mittels erneuerbarer Energie gewonnen wird. Gängige Katalysatoren für diese Reaktion sind Mischungen aus fein verteilten Kupfernanopartikeln auf Trägermaterialien aus reduzierbaren Metalloxiden wie ZnO und ZrO2. Das Metalloxid spielt eine zentrale Rolle für die Reaktivität. Es wird vermutet, dass es mit dem Kupfer in Form einer so genannten Strong Metal Support Interaction (SMSI) wechselwirkt. Unser Ziel ist die Aufklärung dieser Wechselwirkungen zwischen Kupfer und reduzierbaren Metalloxiden durch die Synthese von genau definierten Modellspezies auf den Oberflächen von ZnO und ZrO2 durch SOMC.

Eine weitere Strategie, um die Wechselwirkung zwischen Metalloxiden und Metallhydriden zu verstehen, ist die Immobilisierung von Übergangsmetallhydriden auf aktiven Metalloxiden. Die Lewis-Säure-Zentren zeigen synergistische Aktivität mit den Hydridkomplexen und erlauben hierdurch die Hydrierung von CO2 zu Methanol, die ohne solche Effekte nicht möglich ist.

Metalloxide als Katalysatoren für organische Radikalreaktionen

Organische Radikalreaktionen wie Radikalzyklisierungen und radikalische Defunktionalisierungen sind vielseitige Reaktionen, die zahlreiche Verwendungen in der organischen Synthese finden. Im Labor werden diese Reaktionen meist durchgeführt, indem eine R-X-Bindung (X=Halogenid, Sulfid, Selenid oder Thionoester) mit einer stöchiometrischen Menge eines Alkylzinnreagenz (z.B. Bu3SnH) umgesetzt wird. Wegen ihrer starken Neurotoxizität (LD50=44-234 mg/kg. TRGS-900 Arbeitsplatzgrenzwert 0,0018ppm), der schwierigen Abtrennbarkeit und der schlechten Atomökonomie, werden solche Radikalreaktionen kaum zur Herstellung von komplexen Molekülen im industriellen Maßstab genutzt. (Eine wichtige Klasse industriell genutzter Radikalreaktionen sind die radikalischen Polymerisierungen, welche allerdings ohne Zinnreagenzien ablaufen.)

Ein Lösungsansatz für dieses Problem ist der Ersatz von Alkylzinnreagenzien durch andere Radikalvorläufer. Eine Möglichkeit hierfür, wäre die Verwendung von katalytischen Mengen von Metalloxiden, die direkt mit Wasserstoff reagieren. Hierbei bilden sich reaktive Spezies auf der Katalysatoroberfläche, die Radikalreaktionen initiieren und fortführen können. Vorteile hiervon sind, dass Wasserstoffgas das einzige, stöchiometrische Reagenz ist und dass kontinuierlich gearbeitet werden kann. Unsere Gruppe entwickelt zurzeit katalytische Systeme basierend auf verschiedenen Typen von Metalloxid-Katalysatoren, um sowohl radikalische Defunktionalisierungen als auch radikalische Zyklisierungen selektiv durchzuführen. Solche Reaktionen könnten die Verwendung von Organozinnreagenzien überflüssig machen und dadurch die industrielle Anwendung dieser Reaktionen ermöglichen.

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